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«White out» oder ein Leben voller Kontraste

Heimatverbundener Weltenbummler

Wenn Boden und Himmel nahtlos ineinander übergehen und Konturen nicht mehr erkennbar sind, befinden sich Bergsteigende plötzlich in einem völlig leeren, weissen Nichts. Dieses Phänomen wird White out genannt.

Beim Chammliberg am Klausenpass fand sich Dani Arnold im Januar dieses Jahres zuletzt in einer so gefährlichen Situation wieder. Dank viel Gespür für das Gelände und dem GPS am Handgelenk befreiten sich Arnold und sein Bruder aus der beklemmenden Desorientierung. «Ich bin trotzdem überzeugt davon, dass es sich lohnt, für das Erreichen von Zielen Risiken einzugehen.» Es ist diese Überzeugung, die Dani Arnold ein Leben ermöglicht, das voller Kontraste ist. Es ist eine selbstbewusste Entscheidung, etwas zu riskieren.

Dani Arnold in Südsibirien–Irkutsk–Baikalsee–Olkhon Island

Kleine Schritte, grosse Abenteuer

Es war 2011, als der 1984 geborene Dani Arnold seinen Beruf als Maschinenmechaniker an den Nagel hängte, um von nun an mit Bergsteigen sein Geld zu verdienen. Als Profikletterer kehrte er damit zu seinen Wurzeln zurück. Schon als Junge hatte ihn der Schulweg täglich aus 1720 Metern Höhe runter ins Tal und wieder hoch hinauf in die Bergwelt geführt. Die Welt, in der mit Wanderungen, leichten Hochtouren und Klettern seine Leidenschaft für die Berge begonnen hatte. Schon als Bub wollte Dani Arnold immer noch weiter gehen, mehr in den Bergen unterwegs sein, schwieriger klettern, schneller vorankommen. Er entdeckte, dass die Welt vor der Haustüre voller Gelegenheiten für Abenteuer ist und dass es sich lohnt, für das Verwirklichen von Träumen ein Risiko einzugehen.

Es ist diese Eigenverantwortung, die Dani Arnold reizt. Die Möglichkeiten, die einem die Berge bieten, die eigene Komfortzone zu verlassen. «Aber nur einen kleinen Schritt auf einmal. Lieber einmal nein sagen, als zu weit zu gehen.» Der Weg zum Erfolg führe über konsequentes Üben und Trainieren. «Mentale Stärke, Leidenschaft und technisches Können sind Bedingung, um alpine Meilensteine zu setzen.», sagt Dani Arnold. «Mich interessiert alles, was psychisch herausfordernd ist. Die Berge sind brutal ehrlich. Sie werfen dich auf dich selbst zurück. Ich stelle mir oft die Frage, warum ein Abenteuer an einem Tag realisierbar ist, ich an einem anderen Tag aber nicht den Hauch einer Chance hätte.»

Heimatverbundener Weltenbummler

Heimatverbundener Weltenbummler Dani Arnold reist viel, aber er weiss, wo er daheim ist. «Ich kann nicht überall leben. Ich bin gerne in Uri. Ich war an vielen Orten auf der Welt klettern, und ich reise auch immer wieder gerne weg, um Neues zu entdecken.» Letztes Jahr war Arnold in Island und wenige Tage vor dem Gespräch mit der ESSENZ ist er aus Peru zurückgekehrt. Aber Dani Arnold pflegt ebenso mit Leidenschaft, Besonderes ohne weite Auslandsreisen zu erleben. «Die Abenteuer zu Hause kommen oft zu kurz.» Dabei liegt viel Unentdecktes direkt vor der Haustür. Dani Arnold hat in seinem Heimatkanton die grosse Überschreitung vom Grossen Windgällen zum Grossen Ruchen geplant. Etwas, das noch niemand gemacht hat. Für ein vergleichbares Abenteuer hätten er und sein Begleiter ins südamerikanische Patagonien fliegen müssen. «Meine Heimat Uri bietet alles.», sagt Dani Arnold. Es seien nicht die grossen Namen, die bekannten Berge, in denen die unentdeckten Geschichten schlummern. «In einem Dreitausender steckt oft viel mehr Abenteuer als in einem Vier-, Fünf- oder Achttausender. Man muss einfach Ideen haben.» Ideen und Fähigkeiten hat Dani Arnold. So hat er kürzlich die drei Grate im Salbit in neuneinhalb Stunden erklettert – eine Tour, die üblicherweise drei Tage in Anspruch nimmt.

Redegewandter Bergführer

Die Begeisterung für die Schönheit der Berge teilt der diplomierte Bergführer Arnold heute mit einem breiten Publikum. Er nimmt Zuhörende mit Vorträgen in Bild und Wort mit auf seine Reisen an schwer erreichbare Orte der Bergwelt. Der Profibergsteiger lässt Interessierte teilhaben an unmöglich erscheinenden Herausforderungen und vermittelt, was seine Leidenschaft für die Berge und das Abenteuer ausmachen. Es geht um Erfolg und Scheitern an den grossen Bergen, um das Gefühl für die grossen Wände und um die Werte und Ziele, die Bergsteigende brauchen. Es geht um Taktik und kalkulierte Risiken, um Mut und Disziplin, um die Führung von anderen und sich selbst, um Neugier, offene Augen und Freude. Denn es ist nicht der Berg, den man bezwingt, sondern immer nur das eigene Ich! Die Zeit in den Bergen gibt Raum für Betrachtungen auf die täglichen Herausforderungen. Und dies immer wieder aus neuen Perspektiven. «Ich zeige den Zuhörenden auf, was Eigenverantwortung heisst. Ich ermutige sie, sich Ziele zu setzen. Den ersten Schritt zu tun. Dass es sich lohnt, am gewählten Ziel zu arbeiten und Fortschritte zu machen. Denn wer etwas erreicht, das zuerst als unerreichbar eingeschätzt wurde, der wird vom Glück belohnt.» Dani Arnold glaubt man, wenn er diese Sätze spricht.

Dani Arnold weit oben auf dem Salbit

Wo es für Dani Arnold am schönsten ist

Brunnital Die Strasse von Unterschächen nach Brunnialp ist im Winter für den Verkehr gesperrt. Sie ist ein beliebtes Ziel für Schlittenfahrende, Wandernde und Skitourenfahrende. Allerdings gilt es, Warnungen vor Lawinen zu beachten. Das Brunnital gilt zudem als bedeutendstes Eiskletter-Eldorado in der Zentralschweiz. Mit seiner Vielfalt an vereisten Bächen bietet das Brunnital vom 20 Meter hohen Übungsfall bis zur langen und anspruchsvollen Eistour für jeden Geschmack etwas.

Göscheneralp Das Göscheneralptal zieht sich vom Dorf Göschenen hin zur Chelenalp. Den markanten Abschluss des Tales bilden der Dammastock der Schneestock und der Eggstock, alles lohnende Gipfel für Skitouren. Nicht ganz so hoch oben am Talbeginn in Göschenen lassen sich Schneeschuhtouren erleben. Wasserwelten Göschenen bietet geführte Touren an, in denen Sie das Schneeschuherlebnis mit einem Fondueplausch und einem Bad in einem geheizten Holzzuber kombinieren können.

Furkapass Das Gebiet rund um den Furkapass ist ein Skitouren- und Winterwanderparadies. Wandern Sie zum Beispiel ab dem Bahnhof Realp nach Tiefenbach. Mit 17 Kilometern Länge und fast 900 Höhenmetern ist die Wanderung kein Spaziergang. Der Weg verläuft zur Hälfte auf der für den Verkehr gesperrten Passstrasse und Schneewegen nach Tiefenbach, wo ein Restaurant zu einer Pause einlädt. Auf dem Rückweg können am Tätsch für eine rasante Abfahrt Schlitten gemietet werden.

Dani Arnold wuchs in der Urner Bergsiedlung Biel ob Bürglen im Schächental auf. Mit etwa 20 Jahren begann er mit Free-Solo-Eisklettern. Bei der breiten Öffentlichkeit wurde er mit seinen Geschwindigkeitsrekorden in allen grossen Nordwänden bekannt. Für die Durchsteigung der Eiger-Nordwand benötigte er gerade einmal zwei Stunden und 28 Minuten. Seinen jüngsten Husarenritt absolvierte er diesen Sommer in seiner Heimat. Arnold kletterte als Erster in den Urner Alpen alle drei Grate des Salbit. Was für ambitionierte Bergsteiger drei Tagestouren sind, bewältigte er in neun Stunden und 36 Minuten.

Dani Arnold, Schöllenenschlucht
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